Konstanz

Foto Bismarckturm Konstanz Mai 2010

Standort

Raiteberg




Datenblatt


Höhe: 22,70 m

Kosten: 36.000 Mark

Einweihung: 18.10.1912

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Konstanz 1915

Spenden von Gustav Prym und Graf Zeppelin
Der Bismarckturm in Konstanz


Einer der höchsten Aussichtstürme Baden-Württembergs ist der aus Beton gebaute Bismarckturm in Konstanz auf dem Raiteberg (452 m über NN), ein etwa 50 m hoher Hügel nördlich der Stadt. Das 22,70 m hohe Bauwerk entstand 1911/12 nach Plänen von Professor Georg Wickop (*27.04.1861/Aachen, +21.11.1914/Darmstadt).


Bauplanung und Finanzierung

Bereits in den 1890er Jahren regte Kommerzienrat Gustav Prym einen Turm zu Ehren von Otto von Bismarck in Konstanz an. Trotz Bildung eines Denkmalkomitees unter Vorsitz des Oberbürgermeisters Dr. Franz Weber, einer Bauausschreibung und einer Spendensammlung kamen nicht ausreichend Geldmittel für den Bau eines solchen Denkmals zusammen.

Im Jahr 1910 griff Gustav Prym den Plan zur Errichtung eines Bismarckturmes wieder auf und spendete eine größere Summe (mehr als ein Drittel der Gesamtkosten).

Gustav Prym beauftragte den Architekten Georg Wickop und gründete ein Denkmalkomitee. Am 01.06.1911 wurde in einer Sitzung des Komitees trotz einer abweichenden Meinung von Oberbauinspektor Engelhorn ("Lorettoberg") der Raiteberg als Standort festgelegt. Kurz darauf erschien ein Aufruf zur Sammlung weiterer Spenden für den Turmbau.

Graf Zeppelin spendete 1.000 Mark zum Grundstock von Gustav Prym, weitere Spenden gingen ebenfalls ein. Die Spitalstiftung stellte den Bauplatz kostenlos zur Verfügung.

Im Jahr 1912 waren so viele Spendenmittel vorhanden, dass der Turm nach Entwürfen des Architekten Wickop errichtet werden konnte. Durch Unterstützung der Stadtverwaltung und Oberbürgermeister Dr. Weber, der am 13.03.1912 die Baugenehmigung erteilte, konnte der Turmbau beginnen.


Bauarbeiten

Die Bauleitung hatte Stadtbaumeister Jordan, als Bauführer war A. Haefeli tätig. Die Erdarbeiten wurden vom städtischen Tiefbauamt unter Leitung des Stadtbaumeisters Lutz ausgeführt. Die Betonarbeiten lagen in den Händen der Firma Maurer & Colli aus Pforzheim.

Als Baumaterial wurde Stampfbeton verwendet. Die Außenflächen wurden mit Vorsatzbeton aus gelblichem Muschelkalk versehen.

Das Fundament wurde aus einer Eisenbetonplatte gebildet. Die Decken, Treppen, die Plattform-Brüstung und die Wendeltreppe mit ihrer 8 cm starken Ummantelung wurden mit Eiseneinlagen versehen.

Die Erdbewegungen und die Anlage des Zufahrtweges erfolgten durch das Städtische Tiefbauamt unter Leitung des Stadtbaumeisters Lutz. Die Beleuchtungsanlage wurde von der Fa. Gebr. Becker Nachfolger aus Darmstadt geliefert. Kunstschlosser H. Emmel aus Darmstadt führte alle Bronzearbeiten aus und fertigte die schmiedeeisernen Beschläge der Türen. Die Ausschmückung der Apsidennische erfolgte durch die Fa. Gebr. Linnemann aus Frankfurt/Main.


Turmbeschreibung

Der Vorplatz im Süden des Turmes besteht aus zwei mit Betonmauern eingefassten Terrassenanlagen, die jeweils vom Süden her über Freitreppen erreichbar sind.

Auf die untere Terrasse gelangt man durch eine von zwei Postamenten mit Feuerbecken (90 cm Durchmesser) umgrenzte, 10 m breite Treppe. Die untere Terrassenanlage ist auch durch zwei seitliche Eingänge erreichbar.

Von der unteren Terrasse gelangt man über eine 6 m breite Treppe zur oberen Terrassenanlage, aus deren Mitte sich die 7 Stufen hohe Grundplatte des Turmes erhebt.

Das Eingangsportal ist durch vier zylindrische Säulen betont, welche eine dreieckige Giebelplatte (Breite: 6 m) mit der Inschrift


"BISMARCK"

tragen.

Die quadratische Grundfläche des Turmes (ohne Säulenvorbau) hat eine Seitenlänge von 7 m, mit Unterbau erreicht das Bauwerk eine Höhe von 22,7 m. Auf dem Sockel erhebt sich der Turmschaft mit abgerundeten Ecken, welcher nach oben hin in ein Rund mit vier Rundeckpfeilern übergeht. Den Abschluss bildet eine Bekrönung mit Kuppel, die der Aufnahme der Befeuerungsanlage dient.

In etwa 15 m Höhe ist an jeder Seite ein Gesims mit je zwei stilisierten Köpfen an den Enden angebracht, welche als Wasserablauf dienen.

Das Eingangsportal wird rechts und links von zwei Blendtüren flankiert. Durch das aus Durana-Metall geschmiedete Eingangsportal gelangt man in die kapellartige Eingangshalle des Aussichtsturmes mit Feuerschale.

Hier erblickt man in einer halbrunden Apsis eine Bronzebüste Bismarcks, die von Bildhauer Karl Killer aus München gefertigt worden ist. Im Hintergrund der Büste ist in einem Goldmosaik der Aischylos-Spruch


"WAS SOLLT ICH FÜRCHTEN
DEM ZU STERBEN NICHT BESTIMMT"


zu lesen. Auf der gegenüberliegenden Wand befindet sich ein Bismarck-Wappen.

Hinter dem Gewölbe führen linksseitig Treppen in den Keller. Im Keller wurden zwei große Kessel installiert; im ersten Kessel wurde Erdöl, im zweiten Kessel Petroleum gelagert.

Rechtsseitig des Gewölbes führen Treppen auf den Turm, der in fünf Stockwerke aufgeteilt ist.

Über 106 Stufen (Stampfbeton) gelangt man zur obersten Aussichtsplattform (Brüstungshöhe 1,1 m) in der fünften Etage des Turmes. Vom 4. OG führt eine Wendeltreppe zum Umgang und zur obersten Aussichtsplattform.

Die Spindel der Wendeltreppe umschließt ein Eisenrohr (11,4 cm Durchmesser), in welchem eine Fahnenstange verankert werden kann.

Den Abschluss des Turmes bildet eine durchbrochene Krone (Höhe: 5,90 m), die auf 16 Pfeilern ruht.

Auf diese Krone wurde die Feuerschale von 1,80 m Durchmesser aufgesetzt. Diese besteht aus einer ringförmigen schmiedeeisernen Rinne, in der sechs miteinander verbundene gusseiserne Feuerpfannen platziert wurden. Eine aufwändige Drucköl-Tankanlage im UG des Turmes sorgte durch Verwendung von Kohlensäure-Gas für die permanente Ölversorgung der Flammen.


Durchführung der Befeuerung

Durch Kohlensäuredruck wurde der Brennstoff (Erdöl aus dem Messeler Braunkohlebergwerk bei Darmstadt) eingeführt und nach oben gedrückt. In die Rinne wurde mittels einer Handpumpe von unten Wasser zwecks Kühlung eingepumpt, damit ein Durchglühen der Ölpfannen verhindert wurde. Dadurch wurde einerseits eine zusätzliche Dampfwirkung erzeugt, andererseits wurde dadurch eine große, dunkelrote Flamme erzeugt.

Die Feuerschale wurde auf einer Kupferabdeckung mit aufgebogenem Rand gelagert, die ebenfalls mit Wasser gefüllt war, um eine zu große Erhitzung der darunter befindlichen Betondecke zu verhindern. Die Öl- und Wasserleitungen wurden durch das Turminnere bis zu einem Raum im Turmsockel geführt, in dem neben einem 900 Liter fassenden Ölbehälter, Kohlensäureflaschen und der Pumpvorrichtung auch ein 300 Liter großer Petroleumbehälter zur Speisung der Feuerschalen (Durchmesser jeweils 0,9 m) auf den Postamenten der Terrasse gelagert war.

Die Schalen, in denen die Feuerbecken eingelassen waren, die auch durch die Druckölanlagen mit Erdöl gespeist wurden, wurden vor dem Brennvorgang ebenfalls mit Wasser gefüllt.


Turmgeschichte

1912-1933

Erster offizieller Besucher am 25.09.1912 war Ferdinand Graf von Zeppelin, der Erbauer des gleichnamigen Luftschiffes. Die feierliche Einweihung des Turmes erfolgte am 18. Oktober 1912. Professor Dr. Wickop hielt die Festrede, Oberbürgermeister Dr. Weber übernahm die Schlüssel des Turmes.

Am 21.06.1913 feierten Konstanzer Bismarck-Anhänger eine Sonnenwendfeier am Bismarckturm.

Im Frühjahr 1917 wurde eine Fliegerbeobachtungsstation auf dem Turmkopf eingerichtet. Nach dem Ersten Weltkrieg (bis mindestens 1929) kümmerte sich ein Türmer um die Besucher. Ab März 1933 wurden Feste der NSDAP am Turm abgehalten.


1934-1980

Die Feuerschale sowie die Flammenschalen auf den vorderen Podestsockeln (nicht mehr vorhanden) wurden bis 1944/45 in jedem Jahr zu Bismarcks Geburtstag am 01.04. sowie zur Sommersonnenwende am 21.06. entzündet.

In den 1970er Jahren war das nicht verschlossene Bauwerk verkommen, Fenster, Türen und die Vorhalle wiesen Vandalismusschäden auf.


1981-2009

Von 1981-1997 war der Turm von der Funkgemeinschaft Konstanz angemietet und wurde an Sonntagen für Besucher geöffnet. Der Verein beseitigte die Vandalismusschäden in Eigenarbeit.

Von 1992 bis 1993 wurde das Bauwerk für 200.000 DM saniert, kleine Arbeiten (Sockel und Umfriedung) wurden noch 1994 durchgeführt. Nach den Sanierungsarbeiten wurde der Turm zu bestimmten Zeiten für Besucher geöffnet.

Von 1997 bis 2007 bestand ein Mietvertrag mit dem Ortsverband Bodensee des Deutschen Amateur-Radio-Clubs e.V.

Im Jahr 2002 wurde der Besucherumgang saniert. Nach 2003 wurde die westliche Außenseite des Turmes mit wasserabweisendem Kunststoff versehen (sog. Hydrophobierung).

Die Bismarck-Büste und die Apsidennische sind noch erhalten.

Vom Turm aus bietet sich ein nahezu unverbauter Blick weit in die Bodenseeregion hinaus.


2010 bis heute

Der im Jahr 2010 aktuelle Mieter, Gerhard Bernot aus Konstanz, plante im Jahr 2011, den Turm sukzessiv in ein "Zeitreise"-Museum für die Entwicklung von Technik und Gesellschaft (1899 - 2099) umzugestalten. Dieses Vorhaben wurde nie realisiert.

Am 03.10.2012 wurde das 100-jährige Jubiläum des Bismarckturmes durch eine Jubiläumsfeier der Konstanzer Narrengesellschaft Seehasen feierlich begangen.

Anfang 2017 verstarb der langjährige Türmer des Bismarckturmes, René Ménasanga, der das Bauwerk von Mai bis Oktober sechs Mal in der Woche geöffnet hat.

Im Jahr 2022 ist die Narrengesellschaft "Seehasen e.V. Konstanz" Mieter des Bismarckturmes. Das Bauwerk wird zwischen April und Oktober regelmäßig geöffnet (siehe Links unten), zum Jahresabschuss des Vereins wird der Turm im November beleuchtet.

Am 11.06.2023 wurde im Rahmen einer Festveranstaltung der "Seehasen" 111 Jahre Bismarckturm Konstanz gefeiert.



Öffnungszeiten (2024)

Turm ist von April bis Oktober jeweils sonntags bei gutem Wetter geöffnet.

Öffnungstermine Bismarckturm Konstanz


Links

Google Maps

Koordinaten und Kartendienste

Narrengesellschaft "Seehasen" e.V. Konstanz


Quellen

- Seele, Sieglinde, Mannheim (Archiv Seele): Bismarck-Säule von Konstanz (Baden-Württemberg)
- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 235
  von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 182 "Bismarck-Feuersäule zu Konstanz-Bodensee", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Zeitschriften des Bismarck-Bundes; 9. Jahrgang 1911 (Nr. 8, S. 153), 11. Jahrgang 1913 (Nr. 1, S. 11/12 + Nr. 8, S. 119)
- Zentralblatt der Bauverwaltung, 34 (1914), Nr. 9 (31.01.1914), S. 74ff.
- Stather, Martin: "Über Alles das Vaterland!", in Konstanzer Almanach 1988, S. 65- 69
- Hofmann, Herbert: "De Monte Bisi, Bismarck und Konstanz - Kult und Mythos", in: Das DelphinBuch 9, Labhard Medien GmbH, Konstanz 2008, S. 148 - 189
- Südkurier vom 27.06.1991: "Funkgemeinschaft Konstanz kümmert sich seit zehn Jahren um den Bismarckturm"
- Neue Rundschau vom 11.09.1998: "Ein Tag der offenen Türme"


Fotografen

- Wolfram Regner (1999)

- Marek Moson, Wroclaw (Fotos Mai 2010)
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (Fotos Mai 2010)

Übersichtskarte Standort Bismarckturm

Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.

Bildergalerie Bismarckturm Konstanz

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Konstanz 1943

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Konstanz (Zeichnung) 1915

Foto Bismarckturm Konstanz 1930

Foto Bismarckturm Konstanz 1912

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Konstanz zur Einweihung 1912

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Konstanz undatiert

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Konstanz befeuert undatiert

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Konstanz befeuert 1912

Foto Bismarckturm Konstanz 1999

Foto Bismarckturm Konstanz 1999

Foto Bronzebüste Bismarck in halbrunder Apsis im Bismarckturm Konstanz Mai 2010

Foto Vorplatz mit Terrassenanlage Bismarckturm Konstanz Mai 2010

Foto Bismarckturm Konstanz Aussicht Mai 2010

Foto Bismarckturm Konstanz Mai 2010

Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen

Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)

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