Aachen

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Aachen undatiert

Standort

Burtscheider Stadtwald, Waldfriedhof


Datenblatt


Höhe: 27 m

Kosten: 25.000 Mark

Einweihung: 22.06.1907

Foto Bismarckturm Aachen 2006

Das gekrönte "B" nahe der belgischen Grenze
Der Bismarckturm in Aachen


Bauplanung

1899-1900

Der Bau dieses Bismarckturmes wurde bereits im Februar 1899 von der Studentenschaft der Technischen Hochschule Aachen angeregt.

Am 01.03.1899 wurde in einer von der Aachener Studentenschaft einberufenen Versammlung ein vorbereitender Ausschuss zur Errichtung einer Bismarcksäule unter Vorsitz des Assessors a. D. Robert von Goerschen und des Ehrenvorsitzenden Oberbürgermeisters Philipp Veltmann gebildet. Dieser Ausschuss startete am 06.04.1899 in der Aachener Zeitung einen Aufruf an die Bevölkerung zum Bau einer Bismarcksäule.

Wegen der Unterzeichnung des Spendenaufrufs durch den höchsten Aachener Geistlichen, Domprobst Dr. theol. Buschmann, gab es innerhalb weniger Tage ultramontane Proteste, z.B. durch den katholischen Bürger- und Wahlverein „Constantia. Dieser Verein wollte auf einer Versammlung am 12.04.1899 die Errichtung einer Bismarcksäule "auf städtischem Grund und Boden" wegen "Kränkung des größten Teile der Bürgerschaft" durch solch eine Ehrung verhindern.

Ende Juni 1899 waren bereits 5.500 Mark für die Bismarcksäule gezeichnet worden.

Der vorbereitende Ausschuss der Studentenschaft bildete mit einigen Aachener Bürgern ein Denkmalkomitee unter Vorsitz von Robert v. Goerschen, um den Turmbau zu verwirklichen.

Bereits im Mai 1900 waren 20.000 Mark an Spenden gesammelt worden, sodass mit dem Bau des Turmes begonnen werden sollte.


1901-1905

Aufgrund von Differenzen im Magisterrat und in der Bevölkerung bezüglich des geplanten Bismarckturmes verzögerte sich das Projekt.

Im Mai 1903 fragte das Komitee bei der Stadt Aachen bezüglich der Überlassung eines Bauplatzes für die Säule auf dem Lousberge an.

Am 26.02.1904 stimmte die Stadtverordnetenversammlung der Errichtung eines Turmes zu Ehren von Otto von Bismarck zu, "und zwar des nationalen Gedankens wegen wie auch zur Festigung und Erhaltung der Eintracht unserer Stadt".
Der Turm sollte nur unter den Bedingungen errichtet werden, dass er ohne Befeuerungsmöglichkeit ausgeführt wurde und gleichzeitig auch Helmuth Graf von Moltke (1800 – 1891; Ehrenbürger der Stadt Aachen seit 1890) und Albrecht von Roon (1803 – 1879) geehrt werden.

Als Bauplatz hatte das „Komitee für die Errichtung eines Bismarck-Denkmals im Aachener Wald“ eine Anhöhe am Rande des Aachener Waldes ("An den Fuchslöchern", heute Waldfriedhof an der Monschauer Straße) ausgewählt. Der Bauplatz war von der Stadt Aachen kostenlos zur Verfügung gestellt worden.

Der Aachener Architekt Prof. Georg Frentzen (1854 - 1923) wurde kurz nach der Stadtverordnetenversammlung beauftragt, sein bereits vorliegendes und von Prof. Karl Krauß modelliertes Projekt auszuarbeiten.

Nach Fertigstellung der Planzeichnungen wurden diese zusammen mit den statischen Berechnungen des projektierten Turmes am 21.08.1905 an die Aachener Baubehörde übergeben.

Am 14. September 1905 wurde die Baugenehmigung erteilt. Als ausführende Baufirma war Boswau & Knauer GmbH aus Berlin tätig.


Bauarbeiten

Die Rohbauarbeiten begannen am 14. Oktober 1905.

Als Baumaterial verwendete man Grauwacke für die Wandflächen und das Untergeschoss (jeweils in Bossenquaderung ausgeführt) sowie Basaltlava für die Herzogskrone, die Eckquaderungen des Turmschaftes und das Bismarck-Wappen. Die innere Mauerschale ist aus Backstein.

Die Bildhauerarbeiten wurden von Bildhauer Haller aus Köln ausgeführt.

Die Rohbauabnahme erfolgte am 17.12.1906.


Turmbeschreibung

Architektonisch ist dieser 27 m hohe Aussichtsturm ohne Befeuerungsmöglichkeit im Vergleich zum Einheitsentwurf und zu allen anderen Bismarcktürmen ein Unikum:

Der Turm erhebt sich in Form eines bekrönten großen „B“ über einer halbkreisförmigen, bis zu 5,20 m hohen Terrasse (Sockelgeschoss).

Das halbrunde Sockelgeschoss ist basteiartig aufgebaut. Die Terrassenanlage des Sockelgeschosses ist über zwei seitliche (als Fortsetzung der Zentrale des Halbkreises), jeweils 2,40 m breite Treppenaufgänge (Südwesten und Nordosten) mit jeweils 18 Stufen zu erreichen. 

Durch die abgestuften Strebepfeiler ist der halbkreisförmige Sockel in fünf gleichartige Segmente mit breiten Korbbogenöffnungen geteilt. Über den Korbbogenöffnungen liegt die am unteren Rand mit mehrteiligem Zinnenfries verzierte Werksteinbrüstung.

Das darüber befindliche axial-symmetrischen Untergeschoss hat eine Grundfläche von 11,35 m x 5,32 m, welches nach 1,20 m Höhe etwas zurückweicht. An den drei Rundbogenportalen (Eingänge auf den Schmalseiten sowie Hauptportal im NNW) sind die Schlusssteine konsolenartig ausgebildet und tragen über geflochtenen Eichenlaubgirlanden die von Prof. Karl Krauß (1859 – 1906) aus Basalt gefertigten Büsten Bismarcks, Moltkes und Roons.

Über dem Untergeschoss erhebt sich der viergeschossige Turmschaft mit einer Grundfläche von 9,80 m x 4,30 m in Form des Großbuchstabens "B". Diese B-Form entsteht durch Teilung des Turmschafts, durch Zurückspringen und Abschrägen der Ecken im aufstrebenden Mauerwerk, durch die unterschiedlich angelegten Balkone auf den Schmalseiten sowie den von links nach rechts ansteigenden Querbalken. 

An den Schmalseiten sind gleichartige Eingänge mit den Büsten Moltkes und Roons (von der Bismarck-Büste aus von rechts nach links) angelegt. Diese Eingänge führen nur in flachgedeckte Räume mit einer Grundfläche von 1 m x 2,70 m und sind nicht mit den beiden seitlichen Treppenaufgängen verbunden.

Das Hauptportal, welches über 5 Stufen zu erreichen ist, liegt in Höhe von 4,75 m unterhalb der Bismarck-Büste in der Mitte der Breitseite im NNW.

Über zwei getrennte Treppen mit je 101 Stufen erreicht man das Geschoss unterhalb der Aussichtsplattform. Die rechte Treppenanlage ist als Aufstieg, die linke Treppenanlage als Abstieg vorgesehen.

In ca. 7 m Höhe teilt sich der Turm in zwei Turmschäfte von je 3,30 m x 4,30 m Grundfläche, welche in 10,50 m Höhe durch einen von links nach rechts ansteigenden Querbalken verbunden ist, der eine Verbindungstreppe birgt. In 19 m Höhe werden die Turmschäfte wieder zusammengeführt.

Von dort aus gelangt man über 20 Stufen einer eisernen Wendeltreppe zu einer runden Plattform (innerer Durchmesser 3,50 m). Den Abschluss des Turmes bildet die knapp 5 m hohe Herzogskrone mit dem Reichsapfel auf der Spitze. Die sechs Bügel der Krone werden durch einen eisernen Ringanker zusammengehalten. 

Unterhalb der Krone ist mittig das aus Basaltstein gefertigte Bismarck-Wappen angebracht.


Turmgeschichte

1907

Am 22. Juni 1907 konnte das Bauwerk in feierlicher Weise eingeweiht werden. Am Bismarckturm hatten sich Vertreter der Staatsbehörden, des Militärs, der königlichen Regierung, der Gerichtsverwaltung, der Reichspost, der kommunalen Behörden und der Technischen Hochschule Aachen eingefunden. Auf dem Denkmalsplatz vor dem Turm hatten mit Fahnen und Bannern die heimischen Vereine, Gesangsvereine, der Kriegerverband, die Turnerschaft, der Postvereine sowie die studentischen Kooperationen Aufstellung genommen.

Die Festrede hielt Landgerichtspräsident a.D. von Görschen, danach sprach Architekt Georg Frenzten und dankte allen Beteiligten. Nach seiner Rede überreichte er den Schlüssel an Oberbürgermeister Philipp Veltmann, der den Turm in die Obhut der Stadt Aachen nahm. Nach Gesängen, Kranzniederlegungen, Böllerschüssen und einem gesungenen Dankesgebet begaben sich die Bismarck-Verehrer zum anschließenden Kommers in der großen Halle des Zoologischen Gartens.

Wenige Tage nach der Einweihung kam es in der Lokalpolitik sowie in der heimischen Presse zu Protesten gegen Teile der Festrede des Landgerichtspräsidenten a.D. von Görschen, der unter dem Eindruck der mehrjährigen Bauverzögerungen geäußert hatte, dass "die Entwicklung des Deutschtums, der nationale Charakter" sich "hier in Aachen noch nicht so weit entwickelt [habe], wie wir es für wünschenswert erachten."
Mit diesen Worten sei der Patriotismus der Bürgerschaft Aachen "
gekränkt" und "in gröblicher Weise verletzt" worden. Der Oberbürgermeister verurteilte diese Worte in der Stadtverordnetenversammlung vom 30.06.1907 ebenfalls und gab an, "er würde an der Einweihung nicht teilgenommen haben", wenn er bezüglich dieser Äußerung vorher gewusst hätte.

Die Stadt gestattete unter gewissen Vorsichtsmaßregeln an bestimmten Gedächtnistagen vor dem Turm ein Feuer zu entzünden.

Innerhalb des ersten Monats wurde der Bismarckturm von 3.400 Personen besucht.


1908-1911

Im Januar 1909 wurde seitens der Stadt Aachen 2.400 Mark für die Instandsetzung des Umfelds des Bauwerkes befürwortet (Anfang 1910 wurde 2.300 Mark wieder gestrichen). Am 20.06.1909 fand auf Veranlassung des Nationalliberalen Vereins eine Bismarck-Feier statt, bei der um  17:00 Uhr ein Festakt am Bismarckturm mit Kranzniederlegung stattfand.

Auch zur Sommersonnenwende im Juni 1910 versammelten sich über 1.000 Personen zu einem Festakt am Bismarckturm. Anfang September 1910 hatte der Artillerieverein zur Sedanfeier (40. Jahrestag der Schlacht bei Sedan) am Bismarckturm eingeladen. Neben militärischen Reden traten die Aachener Hüttenkapelle und das Aachener Männerquartett auf. Wegen regnerischen Wetters wurde das anschließende Volksfest abgesagt.

Bereits im Jahr 1910 mussten die Fugen des Turmes neu verputzt werden.

Im Juni 1911 wurde erneut die Sommersonnenwende am Bismarckturm gefeiert. Um 22:30 Uhr wurde das Bauwerk bengalisch (grün und rot) beleuchtet.


Geschichte bis heute

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Bauwerk wegen Baufälligkeit gesperrt.

Um 1979 bildete sich eine Bürgerinitiative unter Vorsitz von M. Josephs, um den Turm zu sanieren und für Besucher wieder zugänglich zu machen.

Der Reichsapfel der Herzogskrone wurde vor 1986 entfernt.
Der Bismarckturm wurde in den Jahren 1999 und 2000 saniert. Im Frühjahr 2005 folgten weitere kleine Sanierungsarbeiten.

Im Juni 2017 waren sowohl die Aufstiegs- als auch die Abstiegsseite innen im sanierungsbedürftigen Zustand.

Im August 2023 sind sichtbar Feuchtigkeitsschäden vorhanden.


Öffnungszeiten (Stand: August 2023)
Waldfriedhof Aachen: Do von 07:00 - 15:00 Uhr, Freitag von 07:00 Uhr bis 12:00 Uhr (oder nach Absprache)
Der Eintritt ist kostenlos (Schlüssel erhältlich beim Pförtner des Haupteinganges zum Waldfriedhof)


Links

Google Maps
Koordinaten und Kartenmaterial


Quellen

- Seele, Sieglinde, Mannheim (Archiv Seele): BISMARCK-TURM von AACHEN (Nordrhein-Westfalen)
- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 28
- Zeitschriften des Bismarck-Bundes; 1. Jahrgang 1903 (Nr. 4, S. 3), 2. Jahrgang 1904 (Nr. 6, S. 3), 5. Jahrgang 1907 (Nr. 2, S. 32 + Nr. 7/8, S. 99/100)
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 138 "Bismarck-Turm zu Aachen", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Kleinmanns, Joachim: Rheinische Aussichtstürme des 19. und 20. Jahrhunderts, Dissertation Aachen 1986, S. 271/272 (Nr. 79) + S. 367
- Dauber, Reinhard: "Das Bismarck-Denkmal für Aachen" in: Rheinische Heimatpflege, 16. Jahrgang (1979), S. 90-94
- Widera, Joachim: "Bismarck in Aachen" in "Katholikentage in Aachen", Einhard-Verlag Aachen 1986, S. 133-134

- Aachener Anzeiger: 22.02.1899; 03.03.1899; 06.04.1899; 14.04.1899; 22.06.1907; 25.06.1907; 29.06.1907; 06.01.1909; 06.09.1910; 23.06.1911

- Echo der Gegenwart: 22.02.1899; 11.04.1899; 15.04.1899; 18.04.1899; 28.06.1899; 13.05.1903; 17.05.1903; 24.02.1904; 15.09.1906; 01.11.1906; 07.02.1907; 30.06.1907; 01.08.1907; 12.06.1909; 21.06.1909; 26.02.1910; 27.06.1910
- Kölnische Zeitung: 02.03.1899; 17.04.1899; 28.06.1910

- Rhein- und Ruhrzeitung: 03.03.1899
- Düsseldorfer Volksblatt: 24.04.1899
- Hamburger Nachrichten: 21.04.1899
- General-Anzeiger: 07.05.1900; 27.02.1904

- Aachener Allgemeine Zeitung: 16.05.1903; 23.05.1903; 19.06.1903; 15.03.1904; 24.03.1904
- Westfälische Zeitung: 20.05.1903

- Bonner Zeitung: 06.04.1905

- Westdeutsche Landeszeitung: 02.07.1907


Fotografen
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (1999, November 2003, März 2004)

- Jürgen Graf, Aachen (März 2003)

- Lars Lenzner, Hückeswagen (2006)

- Hans-Dieter Hirschmann, Haßloch (September 2013)

- Richy Oelke, Kelkheim (Juli 2018)

Übersichtskarte Standort Bismarckturm

Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.

Bildergalerie Bismarckturm Aachen

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Aachen 1915

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Aachen undatiert

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Aachen 1915

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Aachen 1908

Foto Bismarckturm Aachen um 1910

Foto Bismarckturm Aachen November 2003

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Aachen 1927

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Aachen undatiert

Foto Bismarckturm Aachen Sanierung 1999

Foto Bismarckturm Aachen März 2003

Foto Bismarckturm Aachen März 2004

Foto Bismarckturm Aachen 2006

Foto Bismarckturm Aachen um 1907

Foto Bismarckturm Aachen 2006

Foto Bismarckturm Aachen September 2013

Foto Bismarckturm Aachen Juli 2018

Foto Bismarckturm Aachen (Eingangsportal) Juli 2018

Foto Bismarckturm Aachen (Treppe) Juli 2018

Foto Bismarckturm Aachen (Vorplatz) Juli 2018

Foto Bismarckturm Aachen (Turmkopf) Juli 2018

Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen

Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)

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